Freifahren eines Gleisabschnitts

  • Hallo zusammen,

    ich hätte mal wieder eine Frage, an die Profis gerichtet ;)

    In den Ausführungsbestimmungen zu den Fahrdienstvorschriften (im Anhang ist ein Auszug) habe ich gelesen, dass zur Feststellung der Vollständigkeit einer Fahrt ein Abschnitt „freigefahren“ werden kann. Was hat es damit genau auf sich, oder welchem Zweck dient es? Und was heißt dauernd aktive Gleisfreimeldeeinrichtung genau?

    Danke im Voraus für jede Antwort :)

    iltisn

  • Salü iltisn

    Der Prozess "Freifahren" kann angewendet werden, um bei einer Isolierstörung ab der zweiten Fahrt auf FaSi (Fahrt auf Sicht) zu verzichten. Um auf eben diese Fahrt auf Sicht verzichten auf deinem ersten beigefügtem Bild.

    Bei einer bleibenden Isolierstörung darf unter bestimmten Umständen ab der zweiten Fahrt auf FaSi verzichtet werden, wenn eben diese Vollständigkeit vorliegt. Beim Prozess Freifahren beobachtet der Fahrdienstleiter die Fahrt über den gestörten Abschnitt genau. Dabei ist der GFM-Abschnitt (GFM = Gleisfreimeldeeinrichtung) unmittelbar vor und der GFM-Abschnitt unmittelbar nach der gestörten GFM relevant. Diese GFMs müssen in der richtigen Reihenfolge belegt und wieder frei werden, dann giltet der Abschnitt als "Freigefahren". Dieser Prozess hat den Vorteil, dass er auch bei lokbespannten Zügen angewendet werden kann, da diese Züge nicht für sich selber ihre Vollständigkeit bestätigen können.

    Zu deiner zweiten Frage, was dauernd aktive Gleisfreimeldeeinrichtung bedeutet:

    Eine dauernd aktive GFM ist immer aktiv, dass heisst sie wird immer rot, wenn etwas drauffährt, unabhängig davon, ob ein Signal in den Abschnitt offen ist oder nicht. Es gab vor allem früher beispielsweise Achszähler auf der Strecke, die nur dann belegt wurden, wenn ein Zug signamlässig die Strecke befährt. Oder anders gesagt, bei einer Rangierbewegung auf die Strecke oder einer Vorbeifahrt am Halt zeigenden Signal wurde die Strecke nicht rot ausgeleuchtet. Das wären dann keine dauernd aktive GFMs, auf denen Freifahren dementsprechend nicht angewendet werden darf.

    Ich hoffe einerseits dass ich es nicht zu kompliziert erklärt habe und dass ich dir andererseits weiterhelfen konnte.

    Grüsse

    SBB2000

    Freundliche Grüsse

    SBB2000

  • Hallo SBB2000,

    danke für deine Antwort, damit konntest du mir schon gut weiterhelfen :)

    Mir stellt sich da nur eine Frage: warum gilt die nacheinander erfolgende Belegung und Freifahrt der GFM-Abschnitte vor- und nach dem gestörten Abschnitt als Freifahrt dieses Abschnitts? Ok, eine Zugtrennung führt zum Halt des Zuges (wegen des fehlenden Drucks in der Hauptluftleitung), aber was ist, wenn der vordere Zugteil dabei noch über den ersten Abschnitt nach dem gestörten Abschnitt hinaus „rutscht“, und der getrennte Teil des Zuges im gestörten Abschnitt bleibt... Dann würde man ja auf eine Freifahrt schließen, die gar nicht erfolgt ist? Und ist dieses Verfahren nur auf freier Strecke oder auch im Bahnhof zulässig?

    Zu deiner Antwort auf meine zweite Frage: jetzt hab ich‘s verstanden, in Deutschland nennt man das übrigens eine Negativausleuchtung ;)

    Beste Grüsse,

    iltisn

  • Salü iltisn


    Wieso genau dass das Befahren in der Reihenfolge wie beschrieben gilt, kann ich dir auch nicht beantworten. Ich bin „nur“ der, der die Prozesse durchführt und nicht der, der sie beschliesst ;)


    Aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das Szenario mit der Zugstrennung im Zusammenhang mit dem Freifahren praktisch unmöglich ist. Denn einerseits müsste der Zug dann auch noch das nächste Hauptsignal passieren, damit ich als FDL für den nächsten Zug die Fahrstrasse einstellen kann, und andererseits ist das ganze ja nur bei GFM-Längen von nicht mehr als 1,5 Kilometern erlaubt.

    Und ja der Prozess darf auch im Bahnhof angewendet werden.


    Interessante Nennung der Negativausleuchtung, habe ich noch nie gehört:D


    Grüsse

    SBB2000

    Freundliche Grüsse

    SBB2000

  • Hallo SBB2000,

    wenn ich ehrlich bin, finde ich dieses Verfahren dann doch etwas eigenartig (weil es nicht ganz meiner Vorstellung der Sicherheitsphilosophie der Eisenbahn entspricht, die ja normalerweise jeder Eventualität aus dem Weg geht), aber dafür kannst du ja nichts ;) Ich habe mir übrigens mittlerweile ein altes Fahrdienstreglement zugelegt (Stand 1967), in welchem das Verfahren noch nicht vorgesehen war. Es ist auch erstaunlich, wie transparent das ganze System damals noch gewirkt hat (da keine Trennung zwischen ISB und EVU), ich war sowieso noch nie ein Freund der Liberalisierung...

    Ist das Freifahren denn auch zeitlich gebunden, das heißt, muss die Belegung der GFM-Abschnitte zeitnah erfolgen, weil im Bahnhof könnten doch auch bewusst Wagen oder Zugteile abgehängt werden? Daher die Frage zur Anwendung im Bahnhof...

    Beste Grüße,

    iltisn

  • Salü iltisn


    Nein, das Freifahren ist nicht zeitlich gebunden. Aber Manöver im Bahnhof sind den FDLs ja bekannt, daher wird die Vollständigkeit in diesem Fall anders geprüft.

    Grüsse

    SBB2000

    Freundliche Grüsse

    SBB2000